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Protokoll einer Eigentümerversammlung – Aufbau, rechtliche Vorgaben und Beschlussarten

Die Protokollierung einer Eigentümerversammlung ist eine zentrale Aufgabe der Hausverwaltung und muss sorgfältig und korrekt erfolgen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Elemente in ein Protokoll gehören, welche rechtlichen Vorgaben bestehen und wie die Protokollierung ordnungsgemäß erfolgt. Zudem behandeln wir verschiedene Beschlussarten, die Bedeutung des Protokolls in der Praxis und die wesentlichen Abstimmungsverfahren.


 

1. Aufbau eines Protokolls

Ein Protokoll der Eigentümerversammlung folgt einem klaren Aufbau, der bestimmte Mindestangaben enthalten muss. Diese umfassen:


  • Ort und Zeit der Versammlung: Das Datum und der genaue Ort der Versammlung müssen festgehalten werden. Es ist wichtig, dass diese Angaben eindeutig sind, um eine Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.

  • Anwesende: Alle anwesenden Eigentümer und Gäste müssen aufgeführt werden. Hierbei wird in der Regel auch festgehalten, ob Eigentümer durch Vollmachten vertreten werden. Dies ist relevant, um die Beschlussfähigkeit der Versammlung zu prüfen.

  • Versammlungsleiter: Der Name des Versammlungsleiters muss angegeben werden. Dies ist in der Regel der Verwalter oder ein von den Eigentümern bestimmter Vorsitzender. Falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, kann er ebenfalls diese Rolle übernehmen.

  • Beschlüsse: Alle gefassten Beschlüsse müssen wörtlich und exakt dokumentiert werden. Es ist essenziell, dass die Beschlüsse so formuliert sind, dass sie keinen Interpretationsspielraum lassen. Diskussionen oder Wortbeiträge müssen nicht aufgenommen werden, es sei denn, sie werden als relevant für die Entscheidungsfindung angesehen.

  • Unterschriften: Nach § 24 Abs. 6 WEG ist die Niederschrift zu unterschreiben. https://www.inova.haus/post/eigent%C3%BCmerversammlungsprotokoll-anforderungen-unterschriften-und-rechtliche-vorgaben-was-verwalt

 

 

2. Inhalte des Protokolls

Was muss in das Protokoll aufgenommen werden?


Laut § 24 Abs. 6 WEG ist der Verwalter verpflichtet, eine Niederschrift der Eigentümerversammlung anzufertigen. In der Regel müssen darin die Beschlüsse aufgenommen werden, die in der Versammlung gefasst wurden. Es besteht jedoch keine Pflicht, die Diskussionen oder die genauen Wortlaute wiederzugeben. Das Protokoll dient primär dazu, die Beschlüsse der Versammlung festzuhalten und für alle Beteiligten nachvollziehbar zu machen.


Neben den formalen Angaben enthält das Protokoll die wichtigsten Punkte, die während der Versammlung besprochen und beschlossen wurden:


2.1 Teilnehmer und Vollmachten

Alle anwesenden Eigentümer sowie gegebenenfalls Bevollmächtigte müssen namentlich in einer Anwesenheitsliste festgehalten werden. Dies ist wichtig, um die Beschlussfähigkeit der Versammlung zu dokumentieren.


  • Vollmachten: Wenn Eigentümer durch eine Vollmacht vertreten sind, müssen die Details der Vollmacht dokumentiert werden (z.B. wer bevollmächtigt wurde und für wen). Dabei ist zu beachten, dass nach der WEG-Reform 2020 keine Schriftform mehr für Vollmachten erforderlich ist. Es reicht aus, wenn die Vollmacht mündlich oder schriftlich vorliegt, außer es gibt abweichende Regelungen in der Teilungserklärung. Deshalb sollte geprüft werden, ob in der Teilungserklärung Einschränkungen bezüglich der Bevollmächtigung vorgesehen sind.


Wichtig: Ein Blick in die Teilungserklärung der WEG ist entscheidend, da dort möglicherweise spezifische Anforderungen oder Einschränkungen zur Bevollmächtigung geregelt sind, wie beispielsweise eine Beschränkung der Anzahl der vertretenen Eigentümer.


2.2 Tagesordnung

Im Protokoll sollte die Tagesordnung der Versammlung vollständig aufgeführt werden. Hierbei handelt es sich um die festgelegten Punkte, die vorab in der Einladung zur Versammlung mitgeteilt wurden. Die Tagesordnungspunkte strukturieren die Versammlung und legen fest, über welche Themen die Eigentümergemeinschaft entscheidet. Es ist von großer Bedeutung, dass die Tagesordnung exakt eingehalten wird, da nur über die in der Tagesordnung angekündigten Punkte gültig beschlossen werden kann.

 

3. Beschlüsse und Abstimmungen

Beschlüsse sollten stets klar und bestimmt formuliert werden, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Eine unklare Formulierung kann zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führen. Hier sind einige Beispiele, wie ein Beschluss formuliert sein sollte:


  • Beauftragung und Bevollmächtigung: „Die Hausverwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, das Dach des Gebäudes durch die Firma XY zu den im Angebot genannten Konditionen sanieren zu lassen. Die Kosten belaufen sich auf maximal 10.000 €, die aus der Rücklage finanziert werden.“


Beschlüsse müssen dabei immer einen klaren Kostenrahmen benennen, damit die Eigentümer wissen, welche finanziellen Verpflichtungen auf sie zukommen. Ein Unterschied, ob eine Maßnahme 1.000 € oder 10.000 € kostet, kann entscheidend für die Abstimmung sein.


Im Regelfall genügt für die Beschlussfassung die einfache Mehrheit. Ein einfacher Mehrheitsbeschluss kommt dann zustande, wenn mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen abgegeben werden.


Abstimmungsverfahren bei baulichen Veränderungen

Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum, die über eine Instandsetzung hinausgehen, erfordern gemäß § 22 WEG eine sogenannte doppelt qualifizierte Mehrheit. Das bedeutet, dass mindestens zwei Drittel der Eigentümer und mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile zustimmen müssen. Ein Beispiel wäre die Entscheidung, ein neues Dach zu bauen oder eine Fassadensanierung durchzuführen.


Die Kostenverteilung erfolgt in der Regel auf alle Eigentümer, es sei denn, es wird ein abweichender Beschluss gefasst. Ein solcher Beschluss muss klar festlegen, wer die Kosten trägt und darf nicht willkürlich oder ungerecht sein. Der BGH hat in einem Urteil vom 22.03.2024 (Az. V ZR 68/21) klargestellt, dass eine abweichende Kostenverteilung durch Mehrheitsbeschluss erfolgen kann, solange sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.


 

3.1 Wichtige Beschlussarten

Hier einige wesentliche Beschlussarten, die in der Praxis häufig vorkommen:


  • Verwaltungsbeschluss: Regelt allgemeine Verwaltungsmaßnahmen der WEG, wie die Bestellung eines Verwalters oder die Festlegung seiner Aufgaben.


  • Absenkungsbeschluss: Senkt finanzielle Beiträge oder Kosten, wenn z.B. weniger Geld für eine Maßnahme benötigt wird als ursprünglich geplant.


  • Vorratsbeschluss: Ermöglicht der Verwaltung, im Voraus Maßnahmen zu planen, die noch nicht unmittelbar anstehen, aber in naher Zukunft relevant werden könnten.


  • Geschäftsordnungsbeschluss: Bestimmt den Ablauf der Versammlung, z.B. die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte oder die Art der Abstimmung.


  • Sanierungsbeschluss: Beschlüsse über Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen. Hier wird häufig auch die Finanzierung geregelt, z.B. bei größeren Maßnahmen wie Dach- oder Fassadenerneuerungen.


  • Abschlagsbeschluss: Legt einen finanziellen Rahmen fest, ohne den genauen Betrag zu fixieren. Abschläge können beschlossen und später angepasst werden.


  • Kostenrahmen: Ein Beschluss sollte immer einen Kostenrahmen enthalten, insbesondere bei baulichen Maßnahmen. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob eine Maßnahme 1.000 € oder 10.000 € kostet. Ein unklarer oder fehlender Kostenrahmen kann zu Konflikten führen.


  • Umlaufbeschluss: Wenn ein dringendes Thema kurzfristig zu klären ist, kann ein Umlaufbeschluss nach § 23 Abs. 3 S. 2 WEG durchgeführt werden. Dieser erfordert die einfache Mehrheit der Eigentümer.


In weiteren Artikeln klären wir die Beschlusskompetenz der WEG


 

3.2 Objekt-, Kopf- und Werteprinzip bei Abstimmungen

Wie wird abgestimmt?


Die Art und Weise, wie abgestimmt wird, hängt von der Teilungserklärung ab. Üblich sind das Kopfprinzip, das Objektprinzip oder das Werteprinzip. Diese bestimmen, wie die Stimmen der Eigentümer gewichtet werden:


  • Kopfprinzip: Jeder Eigentümer hat eine Stimme, unabhängig von der Größe seines Miteigentumsanteils. Ein Eigentümer mit mehreren Wohnungen hat nur eine Stimme.

  • Objektprinzip: Jede Wohnung bzw. Einheit hat eine Stimme. Ein Eigentümer mit mehreren Wohnungen hat entsprechend mehrere Stimmen.

  • Werteprinzip: Die Stimmen werden nach Miteigentumsanteilen (MEA) gewichtet. Ein Eigentümer, der z.B. 20% der Anteile besitzt, hat entsprechend mehr Stimmgewicht als einer mit 5%.


Wichtiger Hinweis: Falls die Teilungserklärung keine Regelung enthält, gilt das Kopfprinzip, wie im Gesetz verankert.


Änderungen an Beschlüssen

Nachträgliche Änderungen an Beschlüssen sind nicht zulässig. Die Beschlüsse, die in der Eigentümerversammlung gefasst und im Protokoll festgehalten werden, müssen genauso dokumentiert werden, wie sie beschlossen wurden. Auch wenn ein Eigentümer oder Beirat nachträglich eine Änderung des Textes wünscht, ist dies nicht zulässig. Der Verwalter ist verpflichtet, das Beschlussprotokoll unverändert zu führen.

Bitte beachten Sie, dass wir bei INOVA.HAUS Wert darauf legen, Beschlüsse direkt in der Versammlung klar zu formulieren und zur Abstimmung vorzulesen, um Missverständnisse zu vermeiden.

 

 

4. Zeitlicher Rahmen für das Protokoll

Wann wird das Protokoll versendet und ist es bindend?


Das Protokoll muss unverzüglich nach der Eigentümerversammlung erstellt und den Eigentümern zur Verfügung gestellt werden. Ein Versand des Protokolls ist jedoch nicht gesetzlich vorgeschrieben, es dient jedoch der Transparenz und kann den Eigentümern helfen, die Beschlüsse nachzuvollziehen. Auch ohne ein versendetes Protokoll sind die Beschlüsse sofort nach der Versammlung bindend, sobald sie ordnungsgemäß gefasst und verkündet wurden. Das Protokoll dient zur Dokumentation und Nachvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidungen.


INOVA.HAUS versendet in der Regel 10 Tage nach der ETV das Protokoll an alle Eigentümer, um die Transparenz zu gewährleisten.


Was passiert, wenn ein Eigentümer das Protokoll anfordert und der Verwalter es nicht verschickt?


Der Verwalter ist in der Regel nicht gesetzlich verpflichtet, das Protokoll zu verschicken, es sei denn, es gibt eine individuelle Vereinbarung. Sollte ein Eigentümer das Protokoll anfordern und der Verwalter es dennoch nicht verschickt, könnte der Eigentümer seine Informationsrechte geltend machen, allerdings wird dies in den meisten Fällen durch die Eigentümerversammlung oder das Protokoll selbst geregelt.


Beschlussanfechtung bei fehlerhaftem oder verspätetem Protokoll:

Das Fehlen oder die verspätete Zusendung des Protokolls führt nicht automatisch zur Anfechtung eines Beschlusses. Entscheidend ist, ob die Beschlüsse in der Versammlung ordnungsgemäß gefasst wurden. Laut § 23 WEG sind Beschlüsse nach der Versammlung bindend, auch ohne Protokoll. Laut § 46 WEG können Beschlüsse aber angefochten werden, wenn rechtliche Fehler oder gravierende Protokollfehler vorliegen.

Relevante Rechtsprechung:


  • BGH, Urteil vom 20.09.2000 – V ZR 275/99: Die fehlerhafte Protokollierung allein führt nicht zur Anfechtbarkeit eines Beschlusses, solange der Beschluss ordnungsgemäß zustande kam.

  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.10.2018 – I-3 Wx 59/18: Ein Beschluss kann anfechtbar sein, wenn das Protokoll entscheidende Informationen verschweigt, die das Zustandekommen des Beschlusses beeinflusst haben könnten.


 

Fazit

Das Protokoll einer Eigentümerversammlung ist ein zentrales Dokument, das die Beschlüsse und den Ablauf der Versammlung festhält. Es ist wichtig, dass alle Angaben vollständig und korrekt festgehalten werden, um spätere Missverständnisse zu vermeiden. In einem separaten Artikel werden wir detaillierter auf spezielle Abstimmungsverfahren eingehen, etwa bei baulichen Maßnahmen, und welche Besonderheiten dabei zu beachten sind.

 

INOVA.HAUS steht für qualitativ hochwertige Verwaltungsdienstleistungen und Transparenz. Unser Team engagierter Experten steht euch stets zur Seite, um sicherzustellen, dass eure Wohnanlage effizient und reibungslos verwaltet wird. Wir setzen uns für Fairness, Transparenz und eine positive Gemeinschaftslebenseinstellung ein.

Bei weiteren Fragen oder Unsicherheiten stehen wir euch gerne zur Verfügung. Gemeinsam können wir dazu beitragen, eine positive und gerechte Verwaltung unserer Wohnanlage sicherzustellen.


Das Team von INOVA.HAUS

Andreas Habranke


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